Wie wir schon im letzten Eintrag berichtet haben, liegen wir direkt hinter dem flachen Riff, das den Ankerplatz in Clifton Harbor / Union Island vor der Welle der offenen karibischen See schützt. Dabei ist das Riff so flach, dass es die Seen gerade so abhält und das auch nur, wenn nicht gerade Spring herrscht und damit die Tide den Wasserspiegel weiter erhöht als normalerweise. Den stetigen Nordost-Passat hält das Riff natürlich nicht ab und so liegen wir in flachem Wasser bei 4 bis 5 Windstärken genau im Wind vor Anker. Das hatten wir so noch nie. Ziemlich beeindruckend ist dabei die direkte Sicht auf den tiefblauen offenen Ozean mit seinen immer vorhandenen Schaumkronen vom Schiff aus, das keine hundert Meter entfernt im flachen türkiesfarbenen Wasser ruhig vor Anker liegt. Eine für uns bisher ungewohnte Folge dessen ist, dass morgens unsere Batterien schon voll sind (bzw. sich über Nacht gar nicht entladen konnten), da unser, auf Grund unserer ausreichend dimensionierten Solarpanels, ansonsten eher überflüssiger Windgenerator nachts im stetigen Passatwind kräftig arbeitet. Natürlich ist der Bereich hinter dem Riff das Surf- und Kite-Paradies schlechthin. Schon früh morgens werden die Kites in die Luft geschickt und die kleine Bucht wird von bis zu 20 Kites gleichzeitig hart am Wind von West nach Ost durchpflügt. Und wir liegen in der ersten Reihe. Das ist natürlich von unserem Ankerplatz toll anzusehen, hat allerdings auch den Nachteil, dass unser Schiff quasi die Luvboje für die Kiter darstellt, d.h. um an uns vorbeizukommen müssen sie sich schon ein wenig Höhe auf der Strecke vor uns erkämpft haben, damit der Kite an unserem Mast auch vorbei kommt, ohne sich in ihm zu verfangen. Das hat bisher auch immer ganz gut geklappt, auch wenn die Kites sich meist in Abständen unter einem Meter an unserer Mastspitze vorbeigemogelt hatten. Doch es kam wie es kommen musste, es tat auf einmal einen Knall und ein verdutzter Herr in mittlerem Alter hing vor unserem Bug und sein Kite in unserem Mast. Das wäre ja eigentlich nicht so dramatisch, hätten wir nicht unser ziemlich empfindliches Anemometer auf unserer Mastspitze neben der Seefunkantenne und der Windex. Sabine ist dann in ein paar Minuten in dem Mast geentert und hat versucht, den Kite, der an seinen dünnen Steuer-Leinen um das Rigg gewickelt war, freizubekommen. Doch der Wind hat so einen Druck auf den Kite ausgeübt, dass dies nicht möglich war. Der Kiter selbst konnte eine der Steuer-Leinen an seinem Griff lösen und so konnten wir unser Rigg von dem Kite befreien. Kaum wieder unten angekommen, hing bereits der nächste in unserem Mast fest. Diesmal eine Dame mittleren Alters. Also erneut in den Mast. Leider haben sich diesmal die Steuer-Leinen in der Mastspitze verheddert und der Kite zerrte 10 m über dem Wasser an seinen Leinen und damit an den Halterungen für unser Instrumente auf der Mastspitze. Es blieb nichts anders übrig, als mit einem Messer die Leine zu kappen. Zum Glück ist bei uns alles heil geblieben und außer ein wenig sportlicher Kletterei haben wir keinen Schaden davongetragen. Wie sich später herausstellte, waren beide Havaristen ein Ehepaar vom Charter-Schiff direkt neben uns! Wir wurden neben zahlreichen Entschuldigungen dann auch zum Sundowner eingeladen. Clifton Harbor hat indes nicht allzuviel zu bieten und so sind wir noch eine Stunde an der Küstenstraße entlang ins Nachbarstädtchen Ashton gewandert. Hier ist in etwa der Hund begraben. Trotzdem eine schöne Wanderung, wir haben so zumindest gesehen, wie es außerhalb der Touristenhochburg aussieht und wie die Menschen hier so leben. Verglichen mit der bisherigen Karibik eher ärmlicher. Clifton Harbor ist, was die Touristen betrifft, eher in französischer Hand. Das hat uns auch dazu verleitet mal wieder ein Baguette zu kaufen, für umgerechnet stolze 3 Euro. Alles ist hier nun etwas teurer, frisches Gemüse gibt es zwar, allerdings auch zu horrenden Preisen. Die Auswahl im Supermarkt ist auch bescheiden, wir sind froh über unsere gut bestückte Bilge(n). Am Mittwoch in den frühen Morgenstunden zeigt der Windmesser dann über 30 Konten an und wir schauen nach dem rechten. Der verschlafene Blick aus unserem Wohnzimmer zeigt folgendes: ein Katamaran und zwei Monos gehen in der starken Brise auf Slip. Für den Skipper des Kats hat es nicht mehr gereicht, sich eine Unterhose anzuziehen und so steht er nackt am Steuerstand und versucht verzweifelt sein Schiff unbeschadet durchs Ankerfeld zu bugsieren. Auch die Monos kämpfen. Üble Situation, wenn der Anker über den Grund schleift und man dadurch nur sehr bedingt manövrierfähig ist. Unser Anker hält Gott sei Dank wie bisher immer bombenfest, wir fahren ihn auch immer konsequent ein. Am Donnerstag haben wir uns noch mit dem nötigsten versorgt (2 Gurken und ein kleiner Kohl, Zwiebeln und 2 Avocados und 5 Bananen für stolze 15 Euro) und sind dann Anker auf Richtung Tobago Cays. Mit Kurs 30 Grad am Wind konnten wir leider nicht segeln sondern sind die ca. 4 sm unter Stützsegel ziemlich gegenan motort. Allerdings konnten auch die schnittigsten Monos den Kurs so hoch am Wind nicht segeln. Nun liegen wir im türkiesblauen Wasser im Schnorchelparadies schlechthin und tauchen Rochen, Schildkröten und unzähligen bunten Fischen hinterher. So lässt es sich aushalten, auch wenn der Ankerplatz manchmal ziemlich unruhig werden kann. Das flache Riff hat an manchen Stellen Durchbrüche und so drückt es die Welle von verschiedenen Seiten durchs Riff, was eine unangenehme Kreuzsee vor allem bei Hochwasser hervorrufen kann.