Reisebericht der Überführung von Blue Felix

Wir sind nun mittlerweile wieder zu hause angekommen. Wir haben auch unterwegs fleißig unser Erlebtes aufgeschrieben, allerdings hatten wir nie eine stabile Internetverbindung, sodass ich jetzt nach und nach die Berichte der letzten Tage veröffentlichen werde. Ich werde sie rückdatiert eintragen, sie werden also unter dem heutigen Artikel erscheinen. Viel Spaß beim Lesen 🙂

Die Bilder können in der Galerie angeschaut werden!

Hier die getrackte Route (in rosa; gesamt 430 nm):

Auswasserung!

Heute kommt das Schiff aus dem Wasser. Um 8 aufgestanden, Batterien (Verbraucher und Ankerwinsch) abgeklemmt. Wassertanks bis auf Reserve abgelassen, dann Frostschutz (spezielles Mittel für Brauchwasser) eingefüllt und an jedem Wasserhahn im Schiff solange Wasser laufenlassen, bis Wasser mit Frostschutz rauskam (Küche, Bad und Heckdusche). Seetoilette ebenfalls mit Frostschutz geflutet. Letzte Aufbauarbeiten und fertig packen. Um halb 10 ging’s dann los. In die Gurte des Hebekrans gefahren, dann etwas aufwärts, so dass die Gurte gerade gespannt waren. Zum Glück habe ich mich vorher nochmals schlau gemacht, wo genau die Schotts in den Rümpfen sind (da sind die Rümpfe durch Querverstrebungen verstärkt). Genau dort müssen die Gurte angreifen. Schließlich liegen an diesen Stellen jeweils 6 / 4 Tonnen Gewicht auf. Alles ging soweit gut, Blue Felix hing stabil in den Gurten. Vor dem endgültigen Auskranen noch Frostschutzmittel in die Seewasserfilter für die äußere Motorkühlung bei laufenden Maschinen geschüttet, bis die Brühe hinten wieder durch die Auspuffrohre rauskam. Damit verhindert man ein Einfrieren des Kühlwasserkreislaufes im Winter. Dann Maschinen aus und Starterbatterie auch noch abgeklemmt. Das war unser Teil. Jetzt kamen die Herren vom Winterlager dran. Blue Felix wurde ganz hoch gehievt, dann Hafentrailer drunter und das Vermessen begann.

Da wir mit unserer Rumpfform dann doch nicht in den Standard passen, mußte aufbauend auf einem Standard-Trailer ein Katamaran-Trailer konstruiert werden. 3 Stunden lang wurden Stahl-Träger erst mit der Flex, dann mit dem Plasma-Brenner zerlegt um dann wieder passend zusammen geschweißt zu werden. Danach unters Schiff damit. Alles scheint zu passen. Jedoch müssen noch die Auflagepunkte auf den Trailer mit passenden Holzkeilen unterfüttert werden. D.h. Schiff 1 cm ab, Druckpunkte kontrollieren, nachbessern, wieder von vorn. Das hat dann eine weitere Stunde gedauert, aber dann stand Blue Felix sicher auf seinem Winter-Trailer. Unglaublich wieviel Mühe sich die Jungs gegeben haben. Das war ihr erster Katamaran. Trotzdem mehr als professionell. Wir sind sehr beruhigt. Und das obwohl man gar nicht beschreiben kann, was das für ein ungutes Gefühl ist, wenn das Schiff an den Gurten hängt, denen man vom gesunden Menschenverstand her gar nicht zutraut, die enorme Last tragen zu können. Dann noch mit der Leiter hoch aufs Schiff und die Winter-Persenning über die Plicht. Um 14:20 Uhr geht unser Zug ab Heerenveen. Ton fährt uns von Lemmer mit seinem Auto hin, wir erreichen den Zug „just in time“. Vielen Dank ,Ton! Um halb 2 nachts dann mit dem letzten Zug wieder gut in KN angekommen. Am Samstag dann den ganzen Tag gepennt. Und am darauffolgenden Sonntag dann noch den halben…

Toll war‘s! Und zu jeder Zeit völlig unkritisch. Blue Felix hat in jeder Situation Sicherheit vermittelt. Und das obwohl es ordentlich gekachelt hat in der Nordsee. Und das nachts. Und dann die engen Kanäle in Holland, die Schleusen und Brücken. Die Anlegemanöver in engen überfüllten Häfen. Vor allem auch die Navigation, die Sabine mit Bravour gemeistert hat. Ich bezweifle, ob ich das so hinbekommen hätte! Im Nachhinein alles „kein“ Problem. Als ob wir nie etwas anderes gemacht hätten. Dem nächsten Törn (IJsselmeer zu den Kanaren) schauen wir bedeutend entspannter entgegen…

Wintervorbereitungen

Am Donnerstag, dem 2. August dann das aller erste Mal richtig ausgeschlafen. Bis um halb 10. Das gab‘s noch nie seit wir auf dem Schiff sind! Sabine ist dann mit dem Fahrrad in die Stadt gefahren, unsere Rückfahrt im Reisebüro buchen und Frühstück aus dem Supermarkt mitbringen. Nach dem Frühstück hat dann die Arbeit angefangen. Die Segel mußten als erstes runter. Vorher haben wir sie hochgezogen und im Wind trocknen lassen. Danach abgetakelt, d.h. beide Segel (beim Groß vorher die Segellatten entfernt) und Großbaum runter. Fallen und Schoten neu belegt bzw. ausgefiert und unter Deck verstaut. Lazy-Jacks und Lazy-Bag ebenfalls weg. Innen aufräumen. Staubsaugen. Putzen. Anfangen mit Packen. Damit war der Tag dann auch schon zu Ende. Abends nochmals in die Stadt Essen, diesmal Grillteller. Lecker. Uns fällt auf, dass wir nur ganz am Anfang in Barth und hier in Lemmer auswärts gegessen haben, ansonsten haben wir immer selbst gekocht und dabei nichts vermisst.

Wir sind angekommen!

Am 01.08.12 (Mittwoch) waren wir um 09:00 startklar um Leeuwarden zu durchfahren. Mittlerweile hatten wir auch mit Ton, dem Geschäftsführer von Boat Inn in Lemmer telefoniert und vereinbart, dass wir uns heute Abend melden, wenn wir in Lemmer sind, damit er uns sagen kann, wo genau wir hin müssen.

Die Tabelle ist wiederum nicht vollständig, weil alle weiteren Brücken (um so näher wir ans Ijsselmeer kamen, umso weniger Brücken gab es) zeitunkritisch waren. Um 18:00 haben wir an Felix Winterlager festgemacht. Davor sind wir von Ton an der letzten Schleuse bereits empfangen worden und er zeigte uns wo wir festzumachen hatten. Was für ein Service! Die letzte Schleuse war die Friese Sluis, dort wurden wir 6 m hinunter gelassen! Und die Schleuse war nur 7 m breit! Das war schon etwas beängstigend am Ende so weit unten zwischen zwei Betonmauern eingesperrt zu sein.

An diesem Mittwoch wurden 13 Brücken für uns geöffnet und es gab drei Schleusen. Bezahlt haben wir in Leeuwaren 6,50 € und in Lemmer 5 €. Insgesamt haben wir also in Holland 49 Brücken und 6 Schleusen passiert (obwohl ich glaube, dass ich mich bestimmt verzählt habe…

Wir liegen nun also bei „Boat Inn“ am ruhigen Steg, in guter Laufnähe in die wunderschöne Altstadt von Lemmer. Jetzt müssen wir Felix „nur“ noch winterfest machen, unsere Sache packen, und dann kann Felix aus dem Wasser und wir wieder nach hause!

Am Abend sind wir dann in die Stadt Essen gegangen, es gab lecker Kibbeling (fritierter Kabeljau) mit Frittjes. Danach noch auf dem Schiff eine Runde Backgammon gespielt und wie jeden Abend todmüde um 10 Uhr ins Bett und geschlafen wie unter Narkose. Die Tage auf dem Schiff sind sehr ausgefüllt. Und das ohne Fernsehen und Internet. Wie toll!